Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie zur Tagess …einer Rezension meines Buches.
Der arme Thorsten Schröder. Solche Witze bekommt er bestimmt oft zu hören. Aber nachdem ich sein Buch gelesen habe, denke ich, dass er damit gut umgehen kann. Deswegen spare ich mir das schlechte Gewissen.
Dass Thorsten Schröder Journalist und Moderator ist, weiß jeder, der einen Fernseher im Wohnzimmer stehen hat. Dass er außerdem ein ziemlich guter Triathlet ist, wissen schon weniger. Ich hatte keine Ahnung, dass er sogar Hawaii-Finisher ist, bis ich sein Buch auf Amazon entdeckte*. Man sieht es ihm ja auch einfach nicht an, wenn er im Anzug die Nachrichten vorliest.
„Beim Triathlon bekommt man leider nicht die Figur eines Terminators, sondern die von Mr. Bean.“
Thorsten Schröder: Mit jeder Faser
Damit wir alle auf dem gleichen Stand sind, beginne ich meine Buchrezension zu „Mit jeder Faser“ von Thorsten Schröder* mit dem Klappentext:
Zwischen Tagesschau und Triathlon
Als Kind kennt Nachrichtensprecher Thorsten Schröder nur eine Leidenschaft: Fußball. Doch dann beendet ein Rückenleiden seine Vereinskarriere. Statt den Ball zu treten darf er als bewegungsfreudiger Teenager nur noch drei Sportarten ausüben: Schwimmen, Radfahren und Laufen. Aus der Not wird über die Jahre eine flammende Passion für jene Sportart, die alle drei Disziplinen vereint, den Triathlon. Immer größer werden die Herausforderungen, denen er sich im Wettkampf stellt, immer härter sein Training. Bis er sich schließlich vornimmt, die Qualifikation für den legendären Ironman Hawaii zu erlangen, den härtesten Triathlon der Welt. Und so beginnt das atemberaubende Projekt Kona.
Motivation für jeden, der die sportliche Herausforderung sucht, für eine Langdistanz trainiert, einen Marathon schaffen möchte, am Trainingsplan feilt – und Unterhaltung für all die, die Sport lieber passiv genießen.
Vom Radwanderer zum 226-Kilometer-Krisenmanager
Zugegeben, ich habe den Klappentext erst überflogen, nachdem ich das Buch schon gekauft hatte. Ich wusste auch so, dass ich lesen wollte, was Thorsten Schröder zu Triathlon und zu Hawaii im Speziellen zu erzählen hat.
Zu Beginn des Buches berichtet er von seiner Kindheit und Jugend, wie er schon damals sein fußballerisches Geschick fachmännisch kommentierte und eine handgeschriebene Fußball-Zeitschrift herausgab. Seinen Traum von Fußballspielen musste er früh begraben und als Teenager sogar ein Jahr lang ein Korsett tragen. Zu diesem Zeitpunkt spielte Triathlon noch keine Rolle in seinem Leben, jedoch entdeckte er das Rennradfahren für sich und später vor allem das Radwandern durch alle möglichen Länder dieser Welt.
Auf den ersten Seiten könnte man deswegen den voreiligen Schluss ziehen, dass es in diesem Buch gar nicht so viel um Triathlon ginge. Aber weit gefehlt! Der Inhalt dreht sich insgesamt bestimmt zu 70 % nur um Triathlon – genau wie es der Titel auch verspricht.
Spannend trotz bekanntem Happy End
Thorsten Schröder startete 2017 beim Ironman Hawaii. Danach schrieb er dieses Buch. Wir wissen also schon vor der ersten Seite, dass er sich seinen großen Traum erfüllen konnte. Dazu beginnt die Story auch noch damit, dass er sich das ersehnte Ticket nach Hawaii sichert – wie und wo, wird allerdings nicht verraten.
Deswegen bleibt es spannend. Triathleten wissen, dass der Zieleinlauf auf Hawaii das eine ist, aber das wirkliche Wunder Wochen bis Monate vorher stattfindet: an dem Tag, an dem man es schafft, sich für Hawaii zu qualifizieren. Ich hatte schon am Ende des Prologes ein mitfieberndes Kribbeln im Bauch. Zwar war ich noch nie auch nur ansatzweise in der Nähe einer Hawaii-Qualifikation, aber ich kann mir einfach genau vorstellen, wie sich dieser Moment anfühlen muss.
Was ich nicht erwartet hatte, aber der Grund ist, warum mir Thorsten Schröder so sympathisch erscheint, ist sein Humor. Ich musste wirklich oft lachen. Er schreibt mit einer schönen Portion Ironie über sich selbst. Zum Beispiel gibt er offen zu, dass er als Teenager nur Limo trinken konnte, weil er von normalem Wasser einen Würgereiz bekam.
Auch sonst beschreibt er einfach schön, wie es ist, als Normalsterblicher Triathlon zu machen. In solchen Zitaten findet man sich einfach wieder:
„Die Nordseewellen waren so hoch, dass ich beim Schwimmen eher Höhenmeter als Strecke zurücklegte.“
Thorsten Schröder: Mit jeder Faser
Ein realistisches Triathlon-Leben
Nach eigenen Aussagen hat Thorsten Schröder kein Talent für Triathlon. Also zumindest nicht fürs Schwimmen und Laufen, fürs Radfahren schon eher. Von seinem ersten Triathlon bis zum Ironman Hawaii dauerte es 19 Jahre.
Zum Rennradfahren kam er Ende der 90er-Jahre durch die Tour de France und Jan Ullrich. Seinen ersten Triathlon, eine Volksdistanz, macht er 1998. Ab dann trainierte er unstrukturiert, Schwimmen trainierte er vor Wettkämpfen nur, „um sich zu vergewissern, dass ich nicht absoff.“
Bis zu seiner ersten Langdistanz 2012 in Frankfurt vergingen 14 Jahre. Ab da wurde es jedoch langsam ernster für ihn. Er suchte sich einen Trainer und trainierte bis zu 20 Stunden wöchentlich. Die Vorbereitung dafür beschreibt er meiner Meinung nach – das beurteile ich als Tochter eines mehrfachen Ironmans – sehr realistisch. Mir gefällt außerdem Thorsten Schröders Ehrlichkeit:
„In meinem Leben gab es nun nicht viel mehr als Arbeit und Sport, es wurde eng. Notgedrungen musste ich zu jeder möglichen Zeit trainieren, auch frühmorgens. Das hasste ich.“
Thorsten Schröder: Mit jeder Faser
Natürlich überwog trotzdem die grundsätzliche Begeisterung für den Sport, denn 2013 und 2014 startete er weitere Male in Frankfurt. Im Herbst 2015 beschloss er, es mit Hawaii zu probieren. Es folgten 2 Jahre Vorbereitung auf die Qualifikation. Mit Ende 40 arbeitete er sich zur sportlichen Bestform hoch.
Sein gesamter Weg von der ersten Volksdistanz bis zum Ironman auf Hawaii ist einfach realistisch. Wenn man kein Profi ist, sondern solch eine Vorbereitung neben dem restlichen Leben mit Beruf absolviert, dann dauert das einfach einige Jahre. Aber das ist ja auch das Schöne. Triathlon kann einen das ganze Leben lang begleiten. Je nach körperlicher Verfassung, freier Zeit und verfügbaren Prioritäten gibt es immer eine passende Distanz.
„Wenn man so will, ist Langdistanztriathlon nichts anderes als 226 Kilometer Krisenmanagement. Denn irgendwas ist immer.“
Thorsten Schröder: Mit jeder Faser
Meine Meinung zu „Mit jeder Faser“ von Thorsten Schröder
„Mit jeder Faser“ lässt sich super flüssig lesen, ist lustig und spannend geschrieben. Thorsten Schröder gewährt dem Leser/der Leserin einen sympathischen Einblick in sein Leben. Er erlaubt einem, ihn näher kennenzulernen, mit ihm zu fühlen und nachzuvollziehen, wie es ist, sich auf den Ironman Hawaii vorzubereiten.
Jeder kommt anders zu Triathlon und es ist interessant, den Weg eines anderen Triathleten mal ein Stück mitzugehen. Dreimal hatte ich fast Pipi in den Augen, aber das passiert bei mir auch schnell, wenn es um Triathlon und die Emotionen geht, die damit verbunden sind.
Das habe ich vom Buch mitgenommen:
- Es ist nie zu spät für große Träume, vor allem nicht im Triathlon
- Jedes Ziel braucht eine gewisse Misserfolgswahrscheinlichkeit, sonst ist es uninteressant
- Professionelle Trainingsunterstützung macht bei so großen Herausforderungen wie der Langdistanz oder der Qualifikation für Hawaii auf jeden Fall Sinn, wenn man nicht selbst Trainer-Erfahrung hat
- Mit drei Zielen in den Wettkampf gehen: einem „das wäre der Wahnsinn“-Ziel, einem „das wäre gut genug“-Ziel und einem „das ist auf jeden Fall drin“-Ziel
- Neue Lieblings-Weisheit: „Gelebte Klischees können so schön sein“
2022 auf ein Neues!
Nach 2017 möchte Thorsten Schröder sich 2022 ein weiteres Mal für den Ironman auf Hawaii qualifizieren. Wieder hat er sich dafür 2 Jahre zur Vorbereitung gegeben. Auf ndr.de können wir seinen Weg in Videotagebüchern verfolgen. 5 Videos sind schon online (Stand Anfang April 2021).
Wer zu faul ist, um „Mit jeder Faser“ zu lesen, kann sich gerne das erste Video anschauen. Das ist fast so etwas wie eine Zusammenfassung seines Buches. Ich würde empfehlen, mindestens bis zur Minute 5:43 zu schauen. Da sieht man die Gefühle, die er im Prolog des Buches beschreibt, nochmal eindrücklich in Videoform. Wer sich fragt, wie Leidenschaft für Triathlon aussieht, findet dort die Antwort.
Klare Empfehlung für alle Triathlet:innen
Das Buch ist toll für alle, die selbst Triathlon machen, speziell für diejenigen, die auch mal eine Langdistanz wagen möchten. Denn es gibt einen guten Einblick auf das, worauf man sich da einlässt.
Das allerschönste am gesamten Buch ist vielleicht das Foto von seinem Zieleinlauf auf Hawaii. Dieses Bild sagt einfach alles.
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