Wie fühlt es sich an, sieben Tage lang mit einem schlechten Gewissen herumzulaufen, weil aus einem „verzögerten“ Blogeintrag ein „ausgefallener“ Blogeintrag geworden ist? Nicht so gut. Was fühlt sich ebenfalls nicht gut an? Sich einzugestehen, dass man Angst vor dem leeren Blatt Papier hat, auf dem ein zweites Manuskript seinen Anfang nehmen soll.
Der Plan war gewesen, letzten Mittwoch auf diesem Blog von meinem tollen ersten Diktiererfahrungen zu erzählen. Dass ich mit größter Leichtigkeit tausende von Wörtern für den ersten Entwurf des zweiten Teils meiner Romantrilogie produziert hätte und total gut in meinem Zeitplan läge. Leider sah die Realität ganz anders aus und anstatt darüber zu schreiben, habe ich die Gedanken daran verdrängt. Jetzt bin ich jedoch hier, um mich der Wahrheit zu stellen, schließlich erzähle ich auf diesem Blog ehrlich über meinen Weg zum ersten Roman (und anscheinend auch dem, was danach kommen mag).
Also. Mal abgesehen davon, dass die Outline für Teil Zwei bei weitem noch nicht so detailliert ist, wie ich mir das im Vorfeld vorgestellt hatte (ein Gerüst habe ich zwar, jedoch habe ich mittlerweile einsehen müssen, dass ich anfangen muss zu schreiben und darauf vertrauen muss, dass sich die Lücken im Laufe des kreativen Schreibprozesses schon noch schließen werden), habe ich zumindest für die ersten Kapitel schon recht genaue Vorstellungen. Wobei „genau“ relativ ist, wie ich feststellen musste. Anfang letzter Woche habe ich mich mit den Notizen hingesetzt, um das Diktieren eines Textes zum ersten Mal auszuprobieren. Es war das totale Desaster! Der Aufnahmeknopf lief und ich habe nicht ein Wort über die Lippen gebracht. Mein Kopf war komplett leer. Nach einer Minute habe ich aufgegeben.
Dann dachte ich mir, ok, ich muss es genauer planen. Ich formuliere einfache Sätze, die mir zeigen, was in dem Kapitel passieren soll und dann hangele ich mich an denen entlang und formuliere die Szenen jeweils mündlich aus. Den zweiten Versuch habe ich letzte Woche Dienstagmorgen gestartet, dafür bin ich extra einen halbe Stunde früher aufgestanden. Die Voraussetzungen waren gut, ich war allein, es war ruhig, ich hatte eine kleine Outline. Und es war schon wieder das totale Desaster! Alles, was ich konnte, war die Sätze vorzulesen, die ich mir aufgeschrieben hatte. Mehr nicht. Nichts von wegen ausformulieren, ausschmücken, eine Geschichte erzählen. Nach einer Minute habe ich erneut aufgegeben.
Tja. Was nun? Für den Moment werde ich wohl beginnen, den Shitty First Draft für Teil Zwei zu tippen, wie man das von Schriftstellern schließlich auch erwartet. Man beachte die Formulierung „werde ich wohl beginnen“ – denn ich habe noch gar nicht begonnen, obwohl ich das schon längst wollte! Das schiebe ich auch seit Wochen vor mir her. Irgendwie hilft es mir gerade gar nicht, dass ich weiß, dass ich das schon mal geschafft habe. Es ist eher das Gegenteil der Fall. Weil ich nun weiß, wie viel Arbeit es ist, einen Roman zu schreiben. Es ist sauviel Arbeit und ich weiß mittlerweile, worauf ich alles achten muss und wenn ich dann vor einem komplett leeren Worddokument sitze und erste Sätze schreiben will, die quasi direkt schon den Bogen zu den letzten Sätzen 300 Seiten später spannen sollen, dann fühle ich mich ein klitzekleines bisschen überfordert.
Während ich das hier so schreibe, wird mir klar, dass ich meine Ansprüche an den Shitty First Draft wieder zurückschrauben muss. Ich will es besser machen als beim letzten Mal, aber es scheint, dass mich das so unter Druck setzt, dass ich es, anstatt es besser zu machen, einfach gar nicht mache. Das ist nun auch nicht im Sinne des Erfinders. Ich weiß, dass es mir Spaß macht, sobald ich richtig in der Geschichte und im Schreiben drin bin; sobald ich im Fluss bin. Aber dorthin zu kommen, fällt mir schwer.
Das alles ist für den Moment aber auch nicht mehr so wichtig, denn am Wochenende habe ich mein aktuelles Manuskript aus dem zweiten Lektoratsdurchlauf zurück bekommen! Wisst ihr, was das bedeutet? Ich werde es nun noch einmal gründlich überarbeiten und dann erkläre ich es, Kraft meines Amtes als selbsternannte Schriftstellerin, als fertig geschrieben!!! Fünf große Überarbeitungen, zwei Lektoratsdurchgänge und eine Testleserrunde sind meiner Meinung nach ausreichend, damit ich mit gutem Gewissen sagen kann, dass ich die Sache professionell angegangen bin. Wichtiger, als weiterhin Wörter hin und her zu schieben, finde ich es dann, den Schritt zu wagen und den Roman zu veröffentlichen. Jedes Feedback, was ich dann bekommen werde und alles, was es unterwegs für mich noch zu lernen geben wird, werde ich auf mein nächstes Buchprojekt anwenden.
Und das mit den Shitty First Draft kriege ich auch noch hin.
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